19. April 2011 Michael Aggelidis und Hamide Akbayir

Fachtagung „25 Jahre Tschernobyl – ein Monat Fukushima“ fordert radikale Energiewende im Landtag von Nordrhein-Westfalen – Unterstützung der Proteste gegen RWE

Michael Aggelidis, energiepolitischer Sprecher, und Hamide Akbayir, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. NRW

 

Mit über 60 TeilnehmerInnen aus Wissenschaft und Anti-AKW-Bewegung hat die Fraktion DIE LINKE. Anforderungen an eine radikale Energiewende diskutiert. Hierzu erklärte Michael Aggelidis, energiepolitischer Sprecher der Fraktion: „Die Tagung war ein wichtiger Schritt zur Intensivierung der Debatte zwischen Fraktion, kritischer Wissenschaft und sozialer Bewegung. Der Tenor ist klar: Wir brauchen eine doppelte Energiewende. Weg vom Atomstrom und weg von zentralistischer und monopolistischer Erzeugung und Verteilung. Die Zukunft ist dezentral, kommunal, demokratisch und zu 100 Prozent erneuerbar.“

Die Fachtagung hat sich eingehend mit dem Machtmissbrauch der vier großen Energieerzeuger RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW beschäftigt. Prof. Heinz Bontrup, Energieexperte der FH Gelsenkirchen, bezeichnet die Vergesellschaftung der „Big Four“ als Conclusio aus dem Machtmissbrauch und als Voraussetzung für eine demokratische Energiewirtschaft in Deutschland. Dazu sagte Michael Aggelidis: „Die Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen fordert in Artikel 27: Bei monopolartigen Machtzusammenballungen und bei Missbrauch von Wirtschaftsmacht sind die entsprechenden Konzerne zu vergesellschaften. Bei der Bemessung von Entschädigungen muss dann berücksichtigt werden, dass bereits 204 Milliarden Euro an Steuergeldern in die Atomwirtschaft geflossen sind. Zudem müssen die Folgekosten für den Abbau der atomaren Anlagen und die Dekontamination berücksichtigt werden. Hinzu kommt die Endlagerung des atomaren Mülls mit unabsehbaren Problemen und Kosten. Es darf daher kein Cent Entschädigung an die Shareholder der Monopolisten gezahlt werden.“

Hamide Akbayir, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion, fügte hinzu: „Dem Druck der Anti-AKW-Bewegung ist es zu verdanken, dass die Macht des Atom-Kartells wankt. Jetzt müssen wir alle, auf der Straße und in den Parlamenten, am Ball bleiben. Es gibt eine gesellschaftliche Mehrheit für den sofortigen Ausstieg. Alle Atomtransporte durch NRW müssen verboten und die atomare Verwertungskette muss durchbrochen werden. Dazu gehört das Verbot jeglicher Wiederaufbereitung in NRW.“

Michael Aggelidis hob hervor, dass die VertreterInnen der Anti-AKW-Bewegung die Landesregierung aufgefordert haben, endlich die richtigen Lehren aus Tschernobyl und Fukushima zu ziehen. Aggelidis: „Die Fachtagung ruft zum bunten und vielfältigen Protest gegen die RWE-Hauptversammlung am Mittwoch, den 20 April, auf. Gerade Formen des zivilen Ungehorsams sind im Fall des RWE-Konzerns angemessen. Wer wie RWE gegen die Abschaltung klagt, stellt Profite über Menschenleben.“

Als Ergebnis ihrer Arbeit hat die Tagung eine Resolution zum Atomausstieg und zur Energiewende verabschiedet.


Resolution der Fachtagung Fachtagung „25 Jahre Tschernobyl – ein Monat Fukushima“

Die Energiewirtschaft gehört in die öffentliche Hand, weil die Versorgung mit elektrischem Strom elementare Daseinsvorsorge ist. Unsere Fachtagung hat zudem die Forderung nach Dezentralisierung und Demokratisierung der Energiewirtschaft unterstrichen. Nur so kann so schnell wie möglich auf erneuerbare Energien und auf das massive Einsparen von Energie umgeschaltet werden.

RWE und E.ON müssen in die öffentliche Hand – aber nicht um gleich EnBW als verstaatlichter Konzern weiter zu machen wie bisher. Dringend nötig sind neue Formen direkter Kontrolle öffentlicher und kommunaler Unternehmen. Neben den Beschäftigten müssen auch die Nutzerinnen und Nutzer sowie Bürgerinnen und Bürger über relevante Fragen der Unternehmenspolitik entscheiden können. Dezentralisierung und Demokratisierung gehören zu wirklicher Vergesellschaftung dazu.

Das in den Energieriesen steckende Großkapital muss enteignet werden. Bei der Bemessung von Entschädigungszahlen muss berücksichtigt werden, dass bereits 204 Milliarden an Steuergeldern in die Atomwirtschaft geflossen sind. Zudem müssen die Folgekosten mit einbezogen werden, wie der Abbau der atomaren Anlagen und die Dekontaminierung. Hinzu kommt das ungelöste Problem der Endlagerung des atomaren Mülls, der die kommenden Generationen unabsehbar lange Zeit beschäftigen und belasten wird.
Der Artikel 27 unserer Landesverfassung fordert ohnehin die Vergesellschaftung bei monopolartigen Machtzusammenballungen und bei Missbrauch von Wirtschaftsmacht. Die Überführung der RWE-Hochspannungsgesellschaft Amprion in Landeseigentum ist ein erster notwendiger Schritt.

Die Fachtagung hat im Konsens folgende fünf Forderungen verabschiedet:

1. Sofortiges Abschalten aller AKW, massiver Ausbau der erneuerbaren Energien und Förderung der Energieeinsparung!

2. Verbot aller Nukleartransporte durch NRW und Entzug der Betriebsgenehmigung der Uran-Aufbereitungsanlage in Gronau! Verbot des Exports atomaren Materials!
Verbot aller atomaren Produktion und Forschung in Jülich!

3. Verankerung eines Verbots der atomaren Energiegewinnung im Grundgesetz!

4. Freies Strom-Grundkontingent für alle finanziert durch schrittweise Erhöhung der Preise für hohen Stromverbrauch!

5. Stärkung der außerparlamentarischen Bewegung und Diskussion der Idee einer Volksbefragung für eine Überführung von RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall in direkt von der Bevölkerung kontrolliertes öffentliches Eigentum!

Quelle: http://archiv.linksfraktion-nrw.de/nc/presse/aktuell/detail/artikel/fachtagung-25-jahre-tschernobyl-ein-monat-fukushima-fordert-radikale-energiewende-im-landt/