3. Dezember 2010 Wolfgang Zimmermann

Nachtragshaushalt: »Nach wie vor wollen wir Nachbesserungen«

Wolfgang Zimmermann ist Vorsitzender der Fraktion der Linkspartei im Landtag von Nordrhein-Westfalen

Landesrat der NRW-Linken berät Sonntag, ob Fraktion dem Nachtragshaushalt zustimmt. Gespräch mit Wolfgang Zimmermann. Das Interview erschien erstmalig am 3. Dezember 2010 in der Tageszeitung junge Welt. Das Gespräch führte Peter Wolter.


Landesvorstand und Fraktion der Linkspartei in NRW wollen laut Medienberichten den Nachtragshaushalt der Landesregierung passieren lassen, der am 16. Dezember 2010 zur Abstimmung steht. Bis vor wenigen Tagen hatte Die Linke aber noch erhebliche Nachbesserungen am Entwurf gefordert: »so nicht zustimmungsfähig«, hieß es. Worin ist die Landesregierung Ihnen entgegengekommen?

Erst einmal warten wir noch ab. In der Tat wollen wir nach wie vor Nachbesserungen im Entwurf des Nachtragshaushaltes. Der Text der Landesregierung hat sich schon insofern geändert, als daß 370 Millionen Euro zusätzlich als Ergänzung in den Haushalt gekommen sind. Das ist zwar ein Resultat des Urteils, das das Landesverfassungsgericht in Münster gesprochen hat – wir haben jedoch in den Gesprächen mit SPD und Grünen mehrfach darauf hinweisen müssen.

Ob wir uns enthalten oder nicht, wird sich am Sonntag beim Landesrat herausstellen – das ist so etwas wie ein kleiner Parteitag.

Was empfehlen Landesvorstand und Fraktion?

Wir haben gemeinsam einen Antrag formuliert, in dem wir zunächst die Sachlage darstellen: So, wie er jetzt präsentiert wird, können wir dem Nachtragshaushalt nicht zustimmen.Wir bestehen weiter darauf, daß die Studiengebühren bereits zum Sommersemester und nicht erst ein halbes Jahr später abgeschafft werden. Wir verlangen auch, daß das Landesfinanzministerium mehr Betriebs- und Steuerprüfer einstellt – mindestens die 200, die der Minister angekündigt hatte. Außerdem pochen wir darauf, daß die 1,3 Milliarden Euro Unterstützung für die WestLB auf 950 Millionen reduziert werden– 341 Millionen sollen zusätzlich an die Kommunen gehen.

Das heißt, diese Punkte fehlen im Entwurf der Landesregierung?

Ja, das sind aber nur die wichtigsten, es fehlt noch so manches andere. Einiges hatten wir ja in Gesprächen mit der Landesregierung bereits genannt. In unserem Antrag an den Landesrat haben wir deutlich gemacht, daß der Haushaltsentwurf unsere »Haltelinien«, die wir im Landtagswahlprogramm festgelegt hatten, nicht überschreitet: Wir hatten darin versprochen, daß wir keine Regierung unterstützen oder ihr gar beitreten, die Sozialabbau, Stellenabbau und die Privatisierung öffentlichen Eigentums betreibt. Das wird mit diesem Nachtragshaushalt auch eingehalten. Ferner stellen wir in dem Antrag fest, daß wir uns weiter um Gespräche mit den Regierungsparteien bemühen, um noch mehr von unseren Vorstellungen durchzusetzen. Ob die dann direkt in den Nachtragshaushalt einfließen oder ob sie über Zusatzanträge im Landtagsplenum erreicht werden können, wird sich herausstellen.

In den sechs Monaten, die wir jetzt im Landtag sind, haben wir gezeigt, daß wir rein nach Inhalten entscheiden. Wir bringen unsere eigenen Anträge und Initiativen ein. Bei denen anderer Fraktionen entscheiden wir, ob sie dazu dienen, die Arbeits- und Lebensbedingungen der Mehrheit der Bevölkerung zu verbessern. Das hat z.B. dazu geführt, daß wir einmal mit der CDU-Fraktion gestimmt haben, die 200 Millionen Euro mehr für den sozialen Wohnungsbau beantragt hatte. Am Mittwoch haben wir den Antrag der FDP zur Vorratsdatenspeicherung unterstützt, weil er unsere Vorstellungen beinhaltete.

Fraktion und Vorstand empfehlen also dem Landesrat, den Linke-Abgeordneten zur Stimmenthaltung zu raten? Vom Ergebnis her wäre es doch egal, ob Sie zustimmen oder sich enthalten – in beiden Fällen wäre der Nachtragshaushalt verabschiedet.

Wir haben keine konkrete Empfehlung gegeben, weil wir der Diskussion der Delegierten nicht vorgreifen möchten.

Ratsfraktionen Ihrer Partei im Ruhrgebiet machen sich dafür stark, daß die jeweiligen Stadtwerke 51 Prozent der STEAG übernehmen, der Energietochter des Mutterkonzerns Evonik. Umweltfreundlich ist die STEAG keineswegs, auch ihr internationales Engagement wird stark kritisiert. Wie steht der Vorsitzende der Landtagsfraktion dazu?

Wie bekannt ist, treten wir als Linke für die Überführung der Energieunternehmen in Gemeineigentum ein, von daher halte ich die Übernahme der STEAG-Mehrheit von 51 Prozent für richtig. Es ist richtig, daß die STEAG keineswegs umweltfreundlich agiert, ich gehe davon aus, daß die Stadtwerke als Anteilseigner dafür sorgen werden, daß sich das ändert. Natürlich auch in bezug auf das internationale Engagement.