Gemeinsames Editorial der Vorsitzenden der Fraktion DIE LINKE Bärbel Beuermann und Wolfgang Zimmermann

Liebe Leserin, lieber Leser,

pünktlich zum NRW-Tag haben wir die Herbst-Ausgabe unseres ROtDRucK fertiggestellt. Bei dieser Feier versucht die Bundeswehr wieder einmal, Jugendliche für den Dienst an der Waff e zu gewinnen. Wir von der Fraktion DIE LINKE sind der Meinung: Die Bundeswehr ist keine Organisation wie jeder andere. Und eine Verpfl ichtung beim Militär ist kein Ersatz für einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz. Das Töten von Menschen in Afghanistan und anderswo muss aufhören und darf nicht beworben werden. Deshalb lautet unsere Forderung am NRW-Tag: Kein Werben fürs Sterben!

Auch anderswo wird getrickst und getäuscht: Beim Sozialticket beispielsweise und bei der WestLB. In ROtDRucK decken wir auf, was die Landesregierung behauptet – und was in Wahrheit dahinter steckt. Auch bei der Abschaff ung der Studiengebühren schwindelt die Regierung ganz kräftig. Denn Hannelore Kraft wollte das 500-Euro-Studium erst 2012 abschaff en. Nur dem Druck der LINKEN gemeinsam mit den Studierenden ist es zu verdanken, dass schon das gerade beginnende Semester für alle frei ist. Darüber sprach ROtDRucK mit einem Studenten der Universität Duisburg-Essen. Schauen Sie rein und lesen Sie, was Ihre Fraktion DIE LINKE im Landtag NRW und außerhalb des Parlaments ansonsten noch bewegt!

Kein Werben fürs Sterben

Der Bundeswehr fehlt der Nachwuchs. Seit dem Aussetzen der Wehrpfl icht gelingt es nicht mehr, die vorgesehene Truppenstärke von 170.000 Soldatinnen und Soldaten (einschließlich Reservisten) und 5.000 bis 15.000 »Freiwillig Wehrdienstleistenden« zu gewährleisten. Zahlreiche dieser »Freiwilligen« nehmen ihr Kündigungsrecht während der Probezeit wahr, weil die Bedingungen beim Militär so sind, wie sie noch zu Zeiten von Zwangsdienstleistenden gewesen sind. Schikanen, die im zivilen Leben nicht möglich wären, sind beim Bund nach wie vor an der Tagesordnung, dazu sind Kriegseinsätze inzwischen keine Seltenheit mehr.

So ist die Bundeswehr zunehmend auf Berufsmessen, in Arbeitsagenturen, bei Sportfesten und in Schulen präsent und auf der Suche nach willigem Nachwuchs. Nach derzeitiger Planung soll die Werbekampagne für den »Freiwilligen Wehrdienst« bis zum Jahresende 2011 in einer Vielzahl regionaler Medien fortgesetzt werden, um im Umfeld der Truppenteile und Dienststellen zielgruppengenau für konkrete Verwendungen zu werben.

Auch bei »Tagen der Offenen Tür« in Kasernen wird auf mitunter gruselige Weise für den Soldatenberuf geworben. In der Kaserne im bayerischen Bad Reichenhall beispielsweise hat die Bundeswehr im Rahmen ihres »Kinderprogramms « eine Art Schlachtfeld präsentiert, auf dem Kinder mit Schusswaff en den Straßenkampf üben konnten.

Das Miniaturdorf war mit dem Namen Klein-Mitrovica bezeichnet. Die Kinder konnten es unter einem Tarnnetz liegend ins Visier nehmen. Die Szenerie ähnelte jener von Modelleisenbahn-Landschaften. Die Häuser boten sichtbare Kampfspuren und waren teilweise beschädigt. Wenigstens fehlten die Leichen.

Auch auf dem NRW-Tag Anfang Oktober in Bonn ist das Militär wie schon im letzten Jahr, damals in Siegen, präsent und missbraucht ein sonst friedliches Fest für seine kriegerische Werbung. Die Fraktion DIE LINKE im Landtag NRW hatte schon seinerzeit dagegen agitiert – und tut es auch dieses Jahr wieder.

In NRW gibt es wie auch in anderen Bundesländern Kooperationsverträge der Schulministerien mit der Bundeswehr. Bundesweit wurden im Jahr 2010 mehr als hunderttausend Schüler und Schülerinnen von den Jugendoffizieren der Bundeswehr besucht. Proteste und Gegenkampagnen dazu gibt es nur vereinzelt. Der Propaganda-Berieselung durch die Jugendoffiziere wird aus verschiedenen Gründen oft keine Gegenposition entgegengestellt: Friedensgruppen weigern sich, solche Schulbesuche der Bundeswehr zu begleiten, um sie nicht durch ihre Teilnahme zu legitimieren.

Meist fehlen ihnen auch einfach die personellen und finanziellen Ressourcen, um mit den Scharen der bestens ausgerüsteten Propaganda-Offiziere mitzuhalten. Oder sie erfahren zu spät oder gar nicht von den Besuchern in Uniform. Die Militärbesuche in NRWSchulen erfolgen bis heute auf der Grundlage einer im Jahr 2008 von der damaligen CDUSchulministerin Barbara Sommer geschlossenen Vereinbarung zur Zusammenarbeit mit der Bundeswehr. Die Fraktion DIE LINKE hat im Frühjahr 2011 im Landtag beantragt, diesen Vertrag aufzukündigen. Der Antrag wurde im Schulausschuss beraten und alle anderen vier Landtags-Fraktionen empfahlen dem Plenum, den Antrag der Fraktion DIE LINKE abzulehnen. Die Landesregierung sei jedoch mit einer Überarbeitung des Kooperationsvertrages beschäftigt, hieß es in der Empfehlung.

Der Landtag folgte Ende März der Empfehlung des Ausschusses und lehnte den Antrag der LINKEN im Landtag NRW ab – das Militär darf weiter in die Schulen und vor den Schülerinnen und Schülern fürs Sterben werben. Am Tag der Abstimmung fand vor dem Landtag eine Kundgebung des Bündnisses »Schule ohne Bundeswehr« statt, die von der Fraktion DIE LINKE begrüßt worden war. Die Demonstranten/-innen überreichten dem Staatssekretär des Schulministeriums über 1.000 Unterschriften gegen diese Kooperationsvereinbarung.

Anfang September 2011 ließ dieser Staatssekretär die Öffentlichkeit wissen, dass die Bundeswehr künftig nicht mehr wie bisher an der Lehrerfortbildung beteiligt sein solle und dass im künftigen Haushalt Mittel eingeplant werden, um Kooperationen nicht nur mit der Bundeswehr, sondern auch mit Vertretern/-innen der Friedensbewegung zu ermöglichen.

Damit ist zwar längst nicht gewährleistet, dass Bundeswehrwerbung an Schulen nicht mehr stattfinden wird. Und aufgrund des Ungleichgewichts zwischen Offizieren mit einem riesigen Apparat im Rücken einerseits und ehrenamtlich arbeitenden Friedensfreunden andererseits, das die halbherzige Regelung der Landesregierung wohl nicht angleichen kann und will, ist keineswegs gewährleistet, dass den Propaganda-Soldaten überall antimilitaristische Argumente entgegengesetzt werden können.

Aber wenigstens hat der gemeinsame Druck der Fraktion DIE LINKE, des Bündnisses »Schule ohne Bundeswehr« und anderer Friedensinitiativen bewirkt, dass der Einfluss der Propaganda-Offiziere auf die Schülerinnen und Schüler zumindest ein Stück weit zurückgedrängt wurde.

Her mit dem Sozialticket!

Die Fraktion DIE LINKE kämpft zusammen mit Initiativen für ein landesweites 15-Euro-Sozialticket

In den Verkehrsverbünden Nordrhein-Westfalens gibt es Jobtickets, Firmentickets, Schülertickets, Schokotickets, Juniortickets, Semestertickets, Seniorentickets, Bärentickets … Nur für eine Gruppe gibt es nichts: für die einkommensarmen Menschen im Land.

Über zwei Millionen Menschen in NRW werden Mobilität und Teilhabe am öffentlichen Leben erschwert oder verwehrt. Beziehern/-innen kleiner Einkommen, von Hartz IV oder ähnlichen Sozialleistungen sowie Kleinstrentner/-innen, für die auch ein Seniorenticket zu teuer ist.

Das will DIE LINKE ändern: Die Landtagsfraktion hat einen Antrag in die parlamentarische Beratung gebracht, mit dem ein preisgünstiges, in ganz NRW gültiges Sozialticket eingefordert wird, ähnlich dem Semesterticket. Dieses müssten dann alle Kommunen zu gleichen Bedingungen umsetzen und das Land müsste ausreichende Finanzmittel bereitstellen.

15 Euro sind das Maximum!

Wir wollen einen öffentlichen Nahverkehr, den sich jede/-r leisten kann. Ein Preis von 15 Euro ist das Maximum, das noch erschwinglich ist. Ein Sozialticket ist finanzierbar und trägt sich teilweise selbst: Durch höhere Fahrgastzahlen steigt die Wirtschaftlichkeit des ÖPNV, es werden dauerhaft neue Fahrgäste gewonnen, die Zahl der »Schwarzfahrer« sinkt. Dies hat auch eine Marktstudie zum Sozialticket in Köln ergeben, worauf die Zuschüsse der Stadt Köln auf ein Fünftel des vorher geplanten Betrages reduziert werden konnten. Darüber hinaus anfallende Kosten müssten aus Landesmitteln finanziert werden.

Die von der SPD/Grünen-Landesregierung eingeplanten Mittel von 30 Millionen Euro jährlich sind entschieden zu wenig. Wer meint, hier sparen zu können, lässt Bürger/-innen, Kommunen und Beschäftigte in den Verkehrsbetrieben die Zeche zahlen. Nötig sind rund 100 Millionen Euro an Landesmitteln.

Das ist weniger als die Mehrkosten für das Landesarchiv in Duisburg, das statt der geplanten 34 Millionen jetzt 190 Millionen Euro kosten soll. Für angebliche »Investoren« und Bauvorhaben ist immer Geld da, bei sozialen Projekten wird dagegen geknausert und der Sparhammer geschwungen. Die LINKE will ein ausreichend finanziertes Sozialticket, das nicht auf Kosten der Beschäftigten im ÖPNV oder der Kommunen geht. Sie kämpft zusammen mit Initiativen, Sozialverbänden und Gewerkschaftsgliederungen für ein landesweites Sozialticket zu gleichen Bedingungen und zum Preis von 15 Euro. Mobilität ist Grundrecht und darf nicht vom Wohnort abhängig sein!

Quelle: http://archiv.linksfraktion-nrw.de/medien/rotdruck/rotdruck_02/