21. März 2011

»Wir wollen sein Andenken in Ehren halten«

Bärbel Beuermann ist Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im nordrhein-westfälischen Landtag

Die Linksfraktion im NRW-Landtag benennt Sitzungssaal nach früherem KPD-Politiker Jupp Angenfort. Ein Gespräch mit Bärbel Beuermann, erschienen in der Zeitung junge Welt am 21.03.2011. Das Gespräch führte Markus Bernhardt.

Die Linksfraktion im nordrhein-westfälischen Landtag will am heutigen Montag im Rahmen eines Frühjahrsempfanges ihren Sitzungsraum nach Jupp Angenfort benennen. Warum ist die Wahl auf Angenfort gefallen?

Jupp Angenfort war eines der prominentesten Opfer des sogenannten Kalten Krieges und saß 1951 für die Kommunistische Partei Deutschland (KPD) als Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag. Mir ist wichtig, das Andenken an sein Wirken wachzuhalten und keine Ruhe zu geben, bis er und die Tausenden anderen Opfer von Berufsverboten und staatlicher Repression endlich rehabilitiert und für das ihnen angetane Unrecht entschädigt werden.

Auch ganz persönlich war es mir eine Herzensangelegenheit, daß wir an Jupp erinnern, den ich in höchstem Maße geschätzt habe. Wir erwarten heute Jupps Kinder und einige seiner vielen Weggefährten aus der Antifa- und Friedensbewegung und der DKP als Gäste, um an ihn zu erinnern und sein politisches Wirken in Ehren zu halten.


Die »rot-grüne« Minderheitsregierung sieht offenbar keine Notwendigkeit, das Kapitel der Kommunistenverfolgung in der Bundesrepublik aufzuarbeiten. Wie hat sie auf Ihr Vorhaben reagiert?

Es hat mich schon gewundert, wie die Landesregierung auf eine kleine Anfrage geantwortet hat, die meine Fraktionskollegin Anna Conrads und ich eingebracht haben, die die Sicht der Landesregierung bezüglich der Rehabilitierung der Opfer des sogenannten Kalten Krieges darlegen sollte. Sie wollte nicht einmal Stellung dazu nehmen, wie sie die staatliche und gesellschaftliche Stigmatisierung und Verfolgung von kommunistischen Widerstandskämpfern nach der Befreiung vom Faschismus bewertet.

Wir haben auch ganz konkret nach Jupp Angenfort gefragt. Schließlich wurde er trotz seiner Immunität als Landtagsabgeordneter von einer Spezialeinsatzgruppe des Bundeskriminalamtes festgenommen und wegen angeblichen Hochverrates angeklagt und auch verurteilt. Die Landesregierung hielt es jedoch nicht für nötig, zur Personalie Angenfort Stellung zu nehmen. Dies, obwohl er sich stets vorbildlich für Frieden und Antifaschismus stark gemacht hat und sich und seinen Zielen bis zu seinem Tod im März letzten Jahres stets treu geblieben ist. Dieser Umgang mit einem so honorigen Politiker wie Angenfort ist einfach ungeheuerlich.


Die Linke hat sich auf Bundesebene stets für die Aufhebung des KPD-Verbots eingesetzt. Selbst Bündnis 90/Die Grünen und sogar einzelne Sozialdemokraten haben im Bundestag Bereitschaft gezeigt, das den Antifaschisten und Kommunisten angetane Unrecht aufzuarbeiten. Wie sieht es auf Landesebene in NRW aus?

In NRW ticken die Uhren offensichtlich anders. Während die neofaschistische Szene in unserem Bundesland – vielfach nahezu ungestört von Polizei und Justiz – immer agiler wird, sieht sich die Landesregierung nicht in der Pflicht, das lebenslange antifaschistische Wirken Angenforts zu würdigen. SPD- und Grünen-Politiker halten zwar gern bei der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) in Nordrhein-Westfalen Sonntagsreden und blumige Grußworte, lassen jedoch jeden Funken Respekt vor Angenforts Wirken vermissen, der ja auch Landesvorsitzender der VVN war. Ich bin entsetzt, daß diese Landesregierung nicht die Größe hat, Unrecht auch Unrecht zu nennen.


Wie geht Ihre Fraktion weiter vor?

Wir werden nach dieser unverfrorenen Antwort auf unsere kleine Anfrage nun innerhalb der Fraktion und der Partei das weitere Vorgehen diskutieren. SPD und Grüne können sich jedenfalls sicher sein, daß wir uns diesem Thema weiter widmen und keine Ruhe geben werden. Das sind wir schließlich nicht nur Jupp Angenfort, sondern auch allen Opfern der politischen Verfolgung schuldig.

Quelle: http://archiv.linksfraktion-nrw.de/presse/im_wortlaut/detail/artikel/wir-wollen-sein-andenken-in-ehren-halten/