16. September 2011

Kriegsverbrechen der türkischen Armee aufarbeiten!

Kurdische Delegation im Landtag NRW

Pünktlich zum 1. September 2011, dem Internationalen Weltfriedenstag wird eine deutsch-kurdische Menschenrechtsdelegation in München sein, dem Geburtsort von Andrea Wolf. Die Internationalistin wurde 1998 Opfer einer Militäroperation, bei der insgesamt 41 Freiheitskämpfer von türkischen Truppen hingerichtet wurden.

Trauriger Beweis des Verbrechens ist das im kurdischen Catak bei Van gelegene Massengrab, Zeugnis eines Verbrechens, das nun endlich juristisch und gerichtsmedizinisch aufgearbeitet werden soll.

Dass es unzählige solcher Massengräber in den kurdischen Gebieten der Türkei gibt, in denen tausende Guerillakämpfer und Zivilisten liegen, ist seit längerem bekannt, denn es kam immer wieder zu Anzeigen durch den Menschenrechtsverein IHD.

Eine neue Entwicklung ist jedoch der Mut der ansässigen Bevölkerung, über die Schrecken der Vergangenheit zu reden. Trotz der wiedereinsetzenden Übergriffe der türkischen Armee im Grenzgebiet zur kurdischen Autonomieregion im Nordirak, zeigen die Angehörigen den couragierten Willen, Rechenschaft zu verlangen, die Öffnung der Gräber zu erzwingen, um die Gebeine ihrer Familienmitglieder ausgehändigt zu bekommen.

Die Landtagsabgeordnete Hamide Akbayir kommentiert diese Entwicklung wie folgt: 

"Wir wissen von mehreren Tausend Opfern, deren Verbleib ungewiss ist. Sie gelten als verschwunden oder scheinen in den Bergen verschollen. In den neunziger Jahren kam es zu ungeheuerlichen Kriegsverbrechen mit Hinrichtungen, Giftgaseinsätzen und Schändungen seitens von Sondereinsatzkommandos aber auch regulären Militärtruppen. Nun stehen wir am Anfang einer Aufarbeitungsphase, in der ein Teil des erlebten Bürgerkriegs und Ethnozids aufgearbeitet wird."

Die Delegation, die aus Vertretern des Menschenrechtsvereins IHD Van, Angehörigen von Opfern, VertreterInnen des Freundeskreises von Andrea Wolf und weiteren AktivistInnen besteht, wird sich Mitte September nach Kurdistan begeben. Dort soll Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet werden, um eine amtliche Öffnung des Massengrabes zu erwirken.

Hamide Akbayir sagte der Delegation, die am vergangenen Dienstag im nordrhein-westfälischen Landtag zu Gast war, ihre volle Unterstützung zu, denn „auch wenn die Delegation gut aufgestellt ist, besteht trotzdem die Schwierigkeit, dass wir es dort derzeit wieder mit einem Kriegsgebiet zu tun haben. Das türkische Militär führt schwere Operationen im Grenzgebiet zum Irak durch. Es werden schon wieder Massengräber geschaffen, weshalb wir uns gleichzeitig gegen die aktuellen Militärübergriffe stellen müssen.“

Zuletzt hatte es Zivilisten in der Autonomieregion getroffen. Eine Familie wurde in ihrem Auto von einem Geschoss getroffen und gänzlich ausgelöscht. Am letzten Wochenende wurde in der Grenzprovinz Hakkari außerdem ein Ratsmitglied der Partei für Frieden- und Demokratie (BDP) bei einem Demonstrationszug der „Lebenden Schutzschilde“ von Polizeikräften erschossen.

Gemeinsame Erklärung des Kurdischen Frauenbüros für Frieden- Ceni e.V., der Informationsstelle Kurdistan- ISKU e.V., des Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. und des Vereins für Demokratie und Internationales Recht MAF-DAD e.V. als PDF hier [0.2 MB].

Quelle: http://archiv.linksfraktion-nrw.de/aus_dem_landtag/aktiv/detail/artikel/kriegsverbrechen-der-tuerkischen-armee-aufarbeiten/