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6. Juli 2011

Türkei: Der Wählerwille muss respektiert werden!

Rund zehn Tage nach den Parlamentswahlen in der Türkei wird in vielen Fällen der politische Wille insbesondere der kurdischen Wählerinnen und Wähler grob verletzt. Nichts anderes bedeutet der Mandatsentzug im Falle des gewählten Abgeordneten Hatip Dicle und die andauernde Inhaftierung von acht weiteren, mehrheitlich kurdischen Abgeordneten. Wir fordern die Respektierung des Wählerwillens und die Zulassung aller gewählten Abgeordneten zum Parlament.

Der Hohe Wahlrat in der Türkei entzog dem im Wahlkreis Diyarbakir gewählten Abgeordneten Hatip Dicle das Mandat und begründete dies mit einer kurz vor den Wahlen im Eilverfahren durchgesetzte Verurteilung.

Fünf weitere Abgeordnete, die wie Dicle vom Wahlbündnis für Arbeit, Demokratie und Freiheit unterstützt und als unabhängige Direktkandidaten ins Parlament gewählt wurden, wird die Immunität als Abgeordnete ebenfalls verweigert. Dabei handelt es sich bei ihnen allesamt um Politiker, die vom Hohen Wahlrat überprüft und zur Wahl zugelassen wurden. Die Kandidaten wurden von den Wählerinnen und Wählern mehrheitlich und als Direktkandidaten gewählt.

Diesen Wählerwillen nicht anzuerkennen, verstößt gegen jedwede Form eines demokratischen Grundverständnisses.

Mit der Aberkennung des Mandats werden die Rechtsvorschriften willkürlich ausgelegt.  Damit wird die Repressionswelle gegen die kurdischen und linken Oppositionelle in der Türkei fortgesetzt.

Hinzu kommt, dass die Vorwürfe, die Dicle angelastet werden, auf Gesetzesparagraphen zurückzuführen sind, die das Recht auf Meinungsfreiheit einschränken. Die anderen sechs Abgeordneten, die weiter in Haft bleiben sollen, gehören zu den über 2.000 kurdischen Politikern, die für die demokratische Lösung der kurdischen Frage eintraten und deshalb vors Gericht gestellt wurden.

Es handelt sich hier um eine politische Entscheidung. Der AKP fehlen genau 4 Stimmen zur verfassungsgebenden Dreiviertelmehrheit, die mit der Aberkennung der Mandate aus dem Block für Arbeit, Demokratie und Freiheit und dem Nachrückern aus der AKP geschaffen würde. Es ist nicht überzeugend, dass der Hohe Wahlrat hinter scheinbaren rechtlichen Begründungszusammenhängen versteckt.

Mit dem Schritt der Hohen Wahlkommission werden sämtliche Demokratisierungsbemühungen torpediert, die auf eine friedliche Lösung der Kurdenfrage  ausgerichtet sind.

Wir erklären uns daher solidarisch mit dem Wahlbündnis für Arbeit, Demokratie und Freiheit!

Wir fordern den Hohen Wahlrat, das Parlament und die Regierungspartei in der Türkei auf, die neugewählten Abgeordneten nicht an der Ausübung ihres Mandats zu behindern!


Erklärung der Abgeordneten

  • Özlem A. Demirel, Parlamentarische Geschäftsführerin, Fraktion DIE LINKE, MdL NRW
  • Hamide Akbayir, Frauenpolitische Sprecherin, Fraktion DIE LINKE, MdL NRW
  • Ali Atalan, Migrationspolitischer Sprecher, Fraktion DIE LINKE, MdL NRW
  • Serdar Yüksel, Mitglied des  UA-Integration, Fraktion SPD, MdL NRW