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20. September 2010

LINKE fordert Untersuchungsausschuss in Sachen Loveparade

Anna Conrads, innen- und rechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Landtag von NRW

Die Aufklärung der Ereignisse, die zu 21 Toten und zu zahlreichen Verletzten auf der Loveparade 2010 geführt haben, ist von hohem öffentlichem Interesse und im Interesse der Angehörigen der Opfer. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss erhält den Auftrag, alle relevanten Vorgänge und Umstände, die zur Tragödie der Loveparade 2010 geführt haben, auf Seiten des Veranstalters Lopavent GmbH, der Stadt Duis-burg, der Polizei und der involvierten Landesministerien aufzuklären.


Auszug aus dem Antrag zur Einrichtung eines Unterschungungsausschusses.


Der Untersuchungsausschuss soll insbesondere untersuchen:

1. War die Baugenehmigung der Stadt Duisburg vom 23.07.2010 für die Loveparade 2010 materiell rechtmäßig?

2. War das Sicherheitskonzept der Lopavent GmbH fachgerecht?

3. Ist es fachgerecht und bauordnungsrechtlich rechtmäßig, bei Großveranstaltungen dieser Dimension (erwartet wurden insgesamt mindestens ca. 450.000 Besucher) einen Hauptweg, hier die sogenannte Rampe, als Ein- und zugleich als Ausgangsweg vorzusehen, ohne Notausgänge?

4. Wurden alle im Vorfeld der Loveparade geäußerten Bedenken der Polizei Duisburg bzgl. der Sicherheit der Veranstaltung von der Stadt Duisburg und vom Veranstalter Lopavent GmbH geprüft und in entsprechende Sicherheitsvorkehrungen umgesetzt? Hatte sich die Polizei vergewissert, dass ihre Bedenken berücksichtigt wurden?

5. Ist es fachgerecht, dass Herr Prof. Dr. Schreckenberg seine Sicherheitsexpertise ohne  Vornahme einer Ortsbegehung erstellt hatte? Wie hoch ist die Gesamtvergütung, die Herr Prof. Dr. Schreckenberg für seine Sicherheitsexpertise von der Stadt Duisburg erhalten hat? Aus welchem Grund hatte sich die Stadt Duisburg für eine Sicherheitsexpertise von Herrn Prof. Dr. Schreckenberg entschieden? Gab es Kontakte oder Verbindungen zwischen Herrn Prof. Dr. Schreckenberg und der Lopavent GmbH oder anderen von der Lopavent GmbH beauftragten Sicherheitsunternehmen?

6. Gab es trotz Erteilung der Baugenehmigung noch offene Sicherheitsfragen, z.B. nach der Expertise des von der Stadt Duisburg extra beauftragten Herrn Prof. Dr. Schreckenberg?

7. Wann hatte die Polizei ihr nach § 43 II Sonderbauverordnung erforderliches Einvernehmen zum Sicherheitskonzept des Veranstalters erteilt? Hatte die Polizei keine Sicherheitsbedenken angesichts der „Nadelöhr-Situation“ im Bereich Karl-Lehr-Str./Tunnel/Rampe? Wäre es rechtmäßig, die Polizei von der Erteilung des Einvernehmens  nach § 43 II Sonderbauverordnung zu entbinden?

8. Die 2009 in Bochum geplante Loveparade wurde laut Medienberichten vom damaligen Polizeipräsidenten Bochum Herrn Thomas Wenner abgesagt. Auf welcher Rechtsgrundlage hatte der Polizeipräsident Bochum die Absage erteilt? Hatte es im Vorfeld der Loveparade 2010 Kontakte zwischen der Stadt Duisburg oder der Polizei Duisburg und der Polizei Bochum oder dem ehemaligen Bochumer Polizeipräsidenten Wenner gegeben?

9. Welche Personen außer den unmittelbar für die Erteilung der Baugenehmigung zuständigen Bediensteten der Stadtverwaltung Duisburg schalteten sich formell oder informell in das bauordnungsrechtliche Genehmigungsverfahren ein? Mit welchen konkreten Einlassungen schalteten sich diese Personen in das Verfahren ein? In welcher Weise nahmen Prominente wie der Chef der Ruhr 2010 Herr Fritz Pleitgen Einfluss auf die Entscheidung für die Loveparade 2010?

10. Welche direkten Kontakte gab es im Vorfeld der Genehmigung der Loveparade 2010 zwischen Oberbürgermeister Herrn Sauerland und Lopavent-Geschäftsführer Herrn Schaller?

11. Welche Kontakte gab es im Vorfeld der Genehmigung der Loveparade 2010 zwischen Oberbürgermeister Herrn Sauerland  bzw. der Stadt Duisburg und Personen der letzten sowie der amtierenden Landesregierung ab Staatssekretärsebene aufwärts? Welche Kontakte gab es insbesondere zwischen Oberbürgermeister Herrn Sauerland und dem ehemaligen Innenminister Herrn Dr. Ingo Wolf sowie dem ehemaligen Ministerpräsidenten Herrn Dr. Jürgen Rüttgers?

12. Schaltete sich der Oberbürgermeister der Stadt Duisburg Herr Sauerland in außerordentlicher Weise in das Genehmigungsverfahren ein?

13. War die Veranstaltung der Loveparade in Duisburg haushaltsrechtlich überhaupt zulässig, da sich die Stadt Duisburg in einer Haushaltsnotlage befindet? War vor Erteilung der bauordnungsrechtlichen Genehmigung der Loveparade die haushaltsrechtlich zulässige finanzielle Belastung bzw. Beteiligung der Stadt geklärt? Wer waren die Sponsoren der Loveparade 2010 und welche Geldmittel stellten diese zur Verfügung?

14. Welche Sicherheitsauflagen erteilte die Stadt Duisburg der Lopavent GmbH? Überprüfte die Stadt Duisburg am Tag der Loveparade, ob ihre Sicherheitsauflagen durch die Lopavent GmbH eingehalten wurden?

15. Gab es besondere Sicherheitsvorkehrungen der Stadt Duisburg für den Bereich Karl-Lehr-Str./Tunnel/Rampe? Falls ja, wie wurden diese Sicherheitsvorkehrungen zum Zeitpunkt der Eskalation umgesetzt? Wie viele Einsatzkräfte des Ordnungsamtes waren zum Zeitpunkt der Eskalation im Bereich Karl-Lehr-Str./Tunnel/Rampe im Einsatz und was taten diese konkret, um die Gefahrensituation zu verhindern bzw. aufzulösen?

16. Gab es besondere Sicherheitsvorkehrungen der Polizei Duisburg für den Bereich Karl-Lehr-Str./Tunnel/Rampe? Falls ja, wie wurden diese Sicherheitsvorkehrungen zum Zeitpunkt der Eskalation umgesetzt? Wie viele Einsatzkräfte der Polizei waren zum Zeitpunkt der Eskalation im Bereich Karl-Lehr-Str./Tunnel/Rampe im Einsatz und was taten diese konkret, um die Gefahrensituation zu verhindern bzw. aufzulösen?

17. Wie viele Videokameras und Lautsprecher des Veranstalters Lopavent GmbH gab es im Bereich Karl-Lehr-Str./Tunnel/Rampe? Wie oft erfolgten Durchsagen über die Lautsprecher, bevor es zur Eskalation kam? Wie viele Einsatzkräfte des Veranstalters waren zum Zeitpunkt der Eskalation im Bereich Karl-Lehr-Str./Tunnel/Rampe im Einsatz und was taten diese konkret, um die Gefahrensituation zu verhindern bzw. aufzulösen?

18. Wie gestaltete sich die Kommunikation zwischen den Ordnern des Veranstalters und den Einsatzkräften der Polizei vor bzw. bei der Eskalation? Wie gestaltete sich die Kommunikation zwischen den verschiedenen Einsatzkräften der Polizei?

19. Wodurch wurde die so genannte Pfropfenbildung am Ausgang der Rampe verursacht? Was taten die Ordner des Veranstalters und die Einsatzkräfte der Polizei, um den Pfropfen am Ausgang der Rampe aufzulösen? Wie viele Ordner und wie viele Einsatzkräfte der Polizei waren dort im Einsatz?

20. Wie viele Ordner des Veranstalters waren an den Eingangsschleusen, bevor es im Bereich Karl-Lehr-Str./Tunnel/Rampe zur Eskalation kam, und was taten diese Ordner, um den weiteren Teilnehmerzustrom zu unterbinden?

21. Wie wurden die Ordner des Veranstalters Lopavent GmbH für ihren Einsatz auf der Loveparade Duisburg ausgebildet? Wo hatte die Lopavent GmbH ihre Ordner akquiriert? Wie hoch war der Stundenlohn der Ordner der Lopavent GmbH?

22. Gab es Einsatzkräfte des Ordnungsamtes und der Polizei an den Eingangsschleusen, bevor es im Bereich Karl-Lehr-Str./Tunnel/Rampe zur Eskalation kam, und wenn ja, wie viele? Was taten diese Einsatzkräfte, um den weiteren Teilnehmerzustrom zu unterbinden?

23. Wer war für die öffentliche Sicherheit ab dem Zeitpunkt zuständig, als die Polizeiketten auf der Rampe und im Tunnel gebildet wurden? Wer hatte die Befehlsgewalt über die Polizei im Tunnel und auf der Rampe? Wer hatte die Befehlsgewalt über die Polizei an den Eingangsschleusen?

24. Weshalb wurden die Polizeiketten im Tunnel nicht näher an den Eingangsschleusen und die Polizeikette auf der Rampe nicht näher am Ausgang der Rampe gebildet, so dass sich nicht so viele Teilnehmer vor den Ketten gestaut hätten? Weshalb wurden nicht weitere Polizeiketten gebildet?

25. Weshalb wurden offenbar nur aus einer Reihe bestehende Polizeiketten im Tunnel gebildet, da doch schon nach den regulären Planungen mit bis zu 60.000 Besuchern pro Stunde kalkuliert worden war?

26. Weshalb und auf wessen Anordnung wurden die Polizeiketten im Osten und im Westen der Karl-Lehr-Str. aufgelöst? Weshalb wurden die Polizeiketten, nachdem die Teilnehmerströme, insbesondere auf der Rampe, bereits stark angeschwollen waren, nicht vielmehr verstärkt?



III. Der Untersuchungsausschuss erhält weiter den Auftrag, nach Abschluss der Untersuchungen dem Landtag entsprechend § 25 des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtages Nordrhein-Westfalen einen Abschlussbericht vorzulegen, aus dem sich ergibt, welche Konsequenzen sich aus den jeweiligen Feststellungen ergeben. Über abtrennbare Teile des Einsetzungsauftrages hat der Untersuchungsausschuss auf Verlangen des Landtages oder der Antragssteller einen Teilbericht zu erstatten, wenn die Beweisaufnahme zu diesem Teil abgeschlossen ist und der Bericht ohne Vorgriff auf die Beweiswürdigung der übrigen Untersuchungsaufträge möglich ist.